Unendliche Geschichten – (Vor)Leseapps für den Familienalltag

Schon die Kleinsten lieben Bücher und die Geschichten, die diese erzählen. Während Erwachsene wie selbstverständlich immer mehr zu elektronischen Büchern (E-Books) greifen, begegnen viele Eltern Vorleseapps für Kinder mit Skepsis. Dabei geben diese Programme für Tablets und Smartphones meist den gleichen Inhalt wie die gedruckte Buch-Version wieder. In der Regel wird der Buchtext entweder ganz oder in Auszügen vorgelesen und durch Animationen sowie kleine Spiele ergänzt. Teilweise werden Vorleseapps von den Verlagen kostenlos angeboten, teilweise sind sie für einen geringen Preis erhältlich.

Richtig einsetzen

Wie gedruckte Kinderbücher können Familien Kinderbuchapps beispielsweise für Rituale, Kuschelstunden oder zur Unterhaltung auf Reisen einsetzen. Eine Studie der Stiftung Lesen konnte nachweisen, dass Vorleseapps Kinder für Bücher begeistern und eine Ergänzung zum herkömmlichen Vorlesen dar¬stellen können, ohne es zu verdrängen. Der Vorteil liegt beispielsweise darin, viele Bücher auf nur einem Medium nutzen zu können und unterwegs weniger Gepäck zu haben. Außerdem sorgen die kurzen Spielsequenzen für zusätzliche Unterhaltung und eine aktive Auseinandersetzung mit der Geschichte. Die Option, sich Erzählungen vorlesen zu lassen, entlastet die Eltern und erlaubt eine individuelle Nutzung.

Herausforderungen meistern – Bewertungen als erster Schritt

Dennoch gibt es einige Herausforderungen im Umgang mit Vorleseapps. Bereits bei dem Kauf ist es wichtig, sich über Altersempfehlungen zu informieren. Die Angaben im App-Store sind häufig pauschalisierend. Besser ist es, sich Informationen auf Bewertungsseiten (siehe Links) einzuholen. Wie bei anderen Medien auch, ist es wichtig, die Angebote zunächst gemeinsam mit den Kindern zu erkunden und sich mit Ihnen über das Erlebte auszutauschen. So können Eltern verhindern, dass ihre Kinder mit Links auf externe Internetseiten in Berührung kommen, sich ungewollt mit Sozialen Netzwerken verbinden oder kostenpflichtig weitere Angebote bestellen. Manchmal beinhalten Apps Zusatzinhalte, die dann mit wenigen Klicks gekauft und bezahlt werden. Diese sogenannten In-App-Käufe können erschwert werden, wenn Käufe im AppStore passwortgeschützt sind. Der Schutz kann in den Einstellungen an Smartphone und Tablet aktiviert werden. Wenn keine Internetverbindung für die Nutzung erforderlich ist, ist es ratsam, das Gerät in den Offline-Modus zu stellen.

Auch eBooks haben Qualitätsmerkmale

Beim Kauf können einige Qualitätsmerkmale beachtet werden. So sollte die Navigation durch die Geschichte einfach und selbsterklärend sein. Im Idealfall wird diese zusätzlich barrierefrei durch eine Stimme erklärt. Werden im Text die Wörter hervorgehoben, die gerade vorgelesen werden, kann das Lesenlernen unterstützt werden. Die Sprecher_innenstimme sollte jedoch auch abschaltbar sein, sodass das eigene Vorlesen möglich ist. Besonders spannend sind Apps, die eine Audioaufnahmefunktion beinhalten, mit der die Bilder selbst vertont werden können. Spiele können Vorleseapps bereichern und dazu motivieren, aktiv an der Geschichte teilzuhaben. Jedoch sollten sie nicht zu sehr vom roten Faden des Buches weg führen, sondern die Erzählung ergänzen. Wichtig ist es, mit Kindern über die Geschichte zu sprechen und sie altersgerecht darin zu unterstützen, das (Vor-)Gelesene zu verstehen und zu verarbeiten, gleichzeitig aber auch zu erkennen, wenn sie etwas.

Kinder signalisieren schnell, wenn sie gestresst sind und sich in einer App nur noch ziellos hin- und herbewegen. Dazu gehört auch, selbst als Vorbild zu agieren, Kindern die Freude am geschriebenen Wort zu vermitteln und ihnen eine selbstbestimmte Nutzung vorzuleben. Für die ganz Kleinen eignen sich unter Umständen einfache Bilderbuchapps, beispielsweise in Form von interaktiven Wimmelbüchern, wesentlich besser als komplexe Geschichten.

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Katrin Schlör

Katrin Schlör, Dipl.-Wirt.-Ing. (FH; Medienwirtschaft), ist Doktorandin und Lehrbeauftragte in der Abteilung Medienpädagogik an der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (Forschungsschwerpunkt: Medien und Familie), freie medienpädagogische Referentin und Mit-Gründerin der Medienakademie Baden-Württemberg. katrin.schloer@die-medientdecker.de