Sexualität, Porno, Internet

In keinem anderen Lebensbereich überlassen wir Heranwachsende so sehr sich selbst, wie im Bereich der Sexualität. Jugendliche stolpern in ihre ersten, oft wenig erfreulichen Erfahrungen und sind damit auch unerwünschten bis gefährlichen Miterzieher_innen mehr oder weniger schutzlos ausgesetzt. Im Jugendalter wird alles rund um das Thema Sexualität nicht mehr direkt mit den Bezugspersonen besprochen, sondern mit Gleichaltrigen erörtert. Auch das Internet wird als Informationsquelle für Fragen rund um das Thema Sexualität genutzt.
Daher ist es umso wichtiger die Zeit vor der Pubertät zur Aufklärung zu nützen. Mit ca. 10 Jahren beginnt sich langsam die Erwachsenensexualität zu entwickeln. Der Körper beginnt sich zu verändern; dadurch verändert sich auch die Wahrnehmung dessen und viele Fragen tauchen auf. Je aufgeklärter die Heranwachsenden in dieser Phase sind, desto leichter können sie mit diesen neuen Aufgaben und Erfahrungen umgehen. Aber je unaufgeklärter sie sind, desto mehr müssen sie sich auf Informationen aus dem Freundeskreis bzw. den Medien verlassen, die oft nicht die besten sind.

Das Internet ist für Heranwachsende eine beliebte Quelle, weil:

• Antworten auf Fragen, die sie sich nicht zu stellen trauen oder die nicht beantwortet wurden
• Keine Wertediskussionen – kein Zeigefinger – es geht gleich „zur Sache“
• Keine biologischen Details, die oft uninteressant oder unverständlich sind
• Informationen von denen, die angeblich wissen, wie Sexualität wirklich funktioniert
• Gruppendruck: alle in der Peergoup machen das
• Mutproben: je extremer und abschreckender desto „besser“
• Provokation (von Eltern, Lehrpersonen usw.)
• Sexuelle Erregung und Masturbationshilfe
• Unterhaltung, Spaß, Langeweile

Der durchschnittliche Erstkontakt mit Pornografie liegt bei ca. 11 Jahren (Mädchen und Burschen). Auch wenn nicht bewusst danach gesucht wird, stoßen Kinder und Jugendliche im Internet häufig auf pornografische Seiten. Googeln Kinder oder Jugendliche nach dem Thema „Sex“ werden neben seriösen Aufklärungsseiten auch Pornoseiten in der Trefferliste angezeigt.

Welche Bilder sehen Kinder und Jugendliche in Pornos?

• „Amateurfilme“, die sehr realitätsnah wirken, aber immer inszeniert sind
• Übertreibung (hinsichtlich Größe, Dauer, Lust, Praktiken, Gegenstände usw.)
• Sexuelle Annäherung ohne Einbettung in eine Phase des Kennenlernens
• Gewaltvolle Szenen, sexuelle Szenen zwischen Menschen und Tieren

Wie darüber reden?

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Quelle: saferinternet.at

oder vielleicht auch so: meincomputerkind.de

Gute Aufklärung ist der beste Schutz!

Wenn diese Bilder das erste sind, womit Kinder zum Thema Erwachsenensexualität konfrontiert werden, kann das durchaus sehr verstörend wirken. Gut aufgeklärte Kinder können das Gesehene besser einordnen bzw. holen sich Hilfe indem sie darüber reden, sofern eine Ansprechperson zur Verfügung steht. Auch Jugendliche, die eine gute Aufklärung durchlaufen haben und eine realistische Einschätzung von Sexualität haben, können mit dem Gesehenen umgehen und es einordnen. Wenn keine gute Aufklärung stattgefunden hat und es keine Ansprechpersonen gab, können Pornos negative Auswirkungen haben, wie z.B. Verunsicherung in der Wahrnehmung des eigenen Körper, Nichtbeachten von Grenzen des Partners/der Partnerin, keine realistische Vorstellung von sexuel¬ler Anbahnung, Leistungsdruck (hinsichtlich Dauer, Größe, Praktiken…), Sexuali-sierung der Sprache usw.
Jugendliche haben durch den Konsum von Pornos ihr “erstes Mal” nicht früher (Durchschnittsalter in Österreich 16 Jahre). Im Gegenteil: Werte wie Liebe in sexuellen Beziehungen, Treue, Nähe und Vertrauen sind für die Jugendlichen heute sehr wichtig. Jugendliche wollen ihr erstes Mal in einer Beziehung erleben.

Nützliche Links

• digi4family: Sexualität und Internet
Sextalks
Loveline
Firstlove
Herzklopfen
Rataufdraht
Sexwecan
That‘s not cool
Verein Selbstbewusst
Institut für Medienbildung
Saferinternet
Sexualpaedagogik
Familienberatung
Eltern Bildung

Meldestelle für Kinderpornografie:

Stopline

Dieser Artikel ist dem eBook: leben.lernen.spielen – Familien in der digitalen Welt entnommen.

Autorinnen: Mag.a Martina Ruemer und Sonja Messner, MA

P.S.: Am 29. September 2016 findet ein Webinar zum Thema Pornographie im Kinderzimmer statt.


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Martina Ruemer

Mag.a Martina Ruemer ist Geschäftsführerin vom Verein Selbstbewusst (Verein für Sexualpädagogik und Prävention von sexuellem Kindesmissbrauch) Eine altersgemäße Sexualerziehung ist ein zentraler Baustein in der Prävention von sexualisierter Gewalt, denn in keinem anderen Bereich überlassen Erwachsene Kinder und Jugendliche so sehr sich selbst, wie im Bereich der Sexualität. Selbstbewusst bietet Workshops mit Schwerpunkt Sexualerziehung, Sexueller Missbrauch und Prävention, in Schulen, Jugendeinrichtugen, Kindergärten, etc an.