Mediale Entschleunigung – Herausforderung in einer modernen Welt

Medien sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken und beschleunigen das Leben vieler Menschen: eine Flut von E-Mails, Facebook-Statusmeldungen und WhatsApp Nachrichten prasseln jeden Tag auf die Nutzer_innen ein. Zum „Abschalten“ stehen Musik-Streaming-Dienste, wie Spotify oder Deezer, zur Verfügung oder man sieht fern, klassisch im TV, über Mediatheken oder Streaming-Portale. Zu jeder Zeit verfügbar und dank Smartphones auch beinahe an jedem Ort. Je mobiler und multifunktionaler Medien werden, desto mehr Zeiten werden mit Medienerlebnissen gefüllt. Jede Warte- oder Reisezeit wird sofort mit einem Unterhaltungsmedium angereichert, was dazu führen kann, dass die Kreativität leidet. Langeweile wird zum Fremdwort, auch wenn gerade aus ihr häufig kreative Beschäftigungsalternativen entstehen. „Manche Kinder können mit diesen permanenten Reizen nicht umgehen, sie werden unruhig und gestresst. Gerade deshalb ist es wichtig, Phasen der Stille und Langeweile ertragen zu lernen und irgendwann sogar genießen zu können“, erklärt Leiter der SUPRO – Werkstatt für Suchtprophylaxe (Vorarlberg) und Pädagoge Mag. Andreas Prenn.

FOMO – „fear of missing out“

Die Angst, etwas zu verpassen, spielt besonders für junge Menschen eine große Rolle und entwickelt sich mittlerweile auch zum Krankheitsbild. „FOMO“, also „fear of missing out“, ist nicht nur ein mentaler Zustand, auch physische Reaktionen, wie Schwitzen, Juckreiz, Herzrasen und Zwangsstörungen können damit einhergehen. Der Gedanke, nicht online zu sein, ist für manche Menschen unerträglich, im Falle von FOMO führt er bis hin zur Angst etwas verpassen zu können. Diese Angst kann sich zur Sucht ausweiten und den Alltag schwer einschränken. Deshalb sollte man solche negativen Auswirkungen von Technik ernst nehmen.

Dem digitalen Hamsterrad entkommen

Kinder und Jugendliche leben verstärkt in einer Welt der Reizüberflutung, in der Konsum eine zentrale Rolle spielt. Ein Übermaß an Angeboten und die schnelle Ablenkung durch verschiedenste Medien machen es jungen Menschen oft schwer, sich auf etwas länger zu konzentrieren und „Genuss“ zu erleben. „Verzichten können ist eine unterschätzte Fähigkeit, es stärkt die Persönlichkeit und ist damit auch eine wirkungsvolle Methode der Suchtvorbeugung. Bewusster Verzicht macht stark und befähigt Kinder und Jugendliche, ‚Nein’ sagen zu können“, zeigt Mag. Prenn die Hintergründe auf. Daher ist es wichtig, so früh wie möglich zu lernen, von Zeit zu Zeit bewusst auf etwas zu verzichten. Das betrifft nicht nur Kinder und Jugendliche sondern die ganze Familie, denn von gelegentlichen medienfreien Familientagen profitieren nicht nur die Kinder. Wer verzichten kann hat mehr Selbstkontrolle. Das erfordert Stärke, denn es gilt, gewohnte Verhaltensmuster aufzubrechen und das eigene Durchhaltevermögen auf die Probe zu stellen. Doch nur so kann man langfristig dem digitalen Hamsterrad entkommen.

Unterstützung und Hilfe erhalten Eltern, Jugendliche und Kinder zum Beispiel bei uns auch in der Form der telefonischen Beratung sowie bei allen Fachstellen für Suchtprävention in den einzelnen Bundesländern.

Dieser Artikel ist dem eBook: leben.lernen.spielen – Familien in der digitalen Welt entnommen.

PS: Am 9. März 2017 findet ein Webinar zum Thema „Gut begleitet: Suchtvorbeugung in der Familie“ statt.


image

Cornelia Müller

Mag. (FH) Cornelia Müller ist Medienexpertin bei SUPRO – Werkstatt für Suchtprophylaxe und Referentin für Elternbildung am Katholischen Bildungswerk Vorarlberg.