Kennen Sie die Diskussionen am Elternabend bei denen es darum geht, dass Smartphones an der Schule verboten sind? Wie ist es in der Schule Ihrer Kinder? Wollen Sie sich dem Thema einmal von einer anderen Seite nähern?
Stellen Sie sich vor!
Marko, 11 Jahre alt, versucht den Ausführungen seiner Mathelehrkraft zu folgen. Aber irgendwann kommt ein Punkt, ab diesem versteht Marko nur mehr „Bahnhof“. Er kann nun entweder die Lehrkraft vor den Augen und Ohren seiner Mitschüler_innen bitten den letzten Punkt zu wiederholen oder er taucht einfach ab und schafft es nicht den weiteren Ausführungen zu folgen.
Wie toll wäre es, wenn Marko einfach auf Stop und Repeat drücken könnte!
Mittels Smartphones und einem entsprechendem pädagogischen Konzept namens Flipped Classroom wäre dies ganz einfach möglich. Leider ist der Gebrauch von Mobiltelefonen in seiner Schule verboten. Zu Recht?
Digitale Demenz – ein Schmäh!?
Smartphones und vor allem deren Anwendung in Unterricht und Schule haben bei vielen einen negativen Ruf oder zumindest Beigeschmack. Öffentliche Aufrufe einzelner „Expert_innen“ gegen eine Nutzung digitaler Medien verunsichern Eltern wie engagierte pädagogische Fachkräfte. Der Psychiater, Hirnforscher und Bestseller-Autor Manfred Spitzer empfiehlt sogar digitale Medien tunlichst zu meiden: „Sie machen tatsächlich dick, dumm, aggressiv, einsam, krank und unglücklich. […] Jeder Tag, den ein Kind ohne digitale Medien zugebracht hat, ist gewonnene Zeit.“ (Digitale Demenz, S. 325). Trotz der öffentlichen Kritik an diesen Aussagen durch viele Medienpädagog_innen, die darauf hinweisen, dass Spitzer seine These nur von ausgewählten Studien ableitet und daraus verknappte Schlüsse zieht, werden seine Aussagen – und jene anderer digitalkritischer Expert_innen – herangezogen um Smartphoneverbote an Schulen zu begründen.
Smartphones – und digitale Medien – sind jedoch fixer Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Bei den über 15-jährigen besitzen beinahe fast alle, bei den 11- bis 14-Jährigen fast zwei Drittel ein Smartphone. Sie kennen keinen Alltag ohne dieses flache digitale Ding. Auch jedes noch so strikte Verbot wird daran nichts ändern.
Die Aufgabe der Schule und vor allem der dort agierenden Pädagog_innen ist es, die Kompetenz zu vermitteln, das Smartphone sinnvoll einzusetzen. Die Auswertungen der eLSA-Schulen 2015 zeigt, dass 57 % der befragten Schüler_innen mobiles Lernen wünschen. Zudem zeigt diese Auswertung, dass Smartphones – und andere digitalen Devices – schon jetzt von zahlreichen Lehrkräften für Unterrichtszwecke eingesetzt werden. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile zu nützen und einen kompetenten und adäquaten Umgang (mit Mehrwert) zu vermitteln.
Chancen und Möglichkeiten für den Unterricht
Die Möglichkeiten hierfür sind vielfältig. Folgender Auszug soll einige darstellen:
Realtime-Feedback-Games bzw. Audience-Response-Systeme
Diese Plattformen bieten die Möglichkeit die Smartphones der Lernenden für ein schnelles Feedback zu nützen. Die Lehrkraft versendet mit nur einem Klick eine Frage, die Lernenden geben ihre Antwort via Smartphone ab. In der Klasse wirkt dies auflockernd und sorgt aufgrund der spielerischen Elemente (Stichwort: Game-based-learning) für Aufmerksamkeit.
Tipp:
Zusammenstellung von Audience-Response-Systemen: brandhofer.cc
Flipped Classroom
Als Flipped Classroom wird eine Unterrichtsmethode bezeichnet, bei der vor allem durch den Einsatz neuer Medien der Unterricht im wahrsten Sinne des Wortes auf den Kopf gestellt wird. Beim klassischen Unterricht findet die Erarbeitung eines Themas in der Regel im Unterricht statt. Die Übungsphase wird – oft auch aus Zeitmangel – in die Hausübung verlagert. Bei der Methode Flipped Classroom werden insbesondere Videos, anhand deren ein neues Thema erarbeitet wird, den Lernenden mitgegeben. Diese sehen sich die Videos zu Hause an und erlernen so den neuen Inhalt. Im Unterricht bleibt somit Zeit um Übungen durchzuführen. Die Lehrkraft wird zum Coach und kann individuell unterstützen. Input- und Übungsphase werden also einfach räumlich und zeitlich getauscht – also „geflipped“.
Tipp:
flipped-classroom-austria.at/
Selbst und kollaborativ gestalten
Etwas Entwickeln. Etwas Gestalten. Etwas Machen. Ganz einfach mit vielen kostenlosen Online-Tools oder Smartphone-Apps. Egal, ob Lernende einen Buchinhalt in Form eines Animationsvideos präsentieren oder eine Webcollage erstellen, sie erschaffen etwas. Lernen ist so ein aktiver Prozess. Zudem bieten viele Tools die Möglichkeit kollaborativ ein Werk zu erstellen.
Tipp:
Animationsvideos mit PowToon: powtoon.com; Gemeinsam eine Online-Pinnwand gestalten: padlet.com
Die Welt ins Klassenzimmer holen
Ein Begriff ist unklar. Mit dem Smartphone hat man das weltweit gesammelte Wissen immer mit dabei.
Tipp:
Zusammenfassung von Tools als kostenloses PDF mit Anleitungsverweisen und Ideen; aws.ibw.at; eLearning 1×1. 100 eLearning-Unterrichtsbeispiele von Lehrkräften für Lehrkräfte: virtuelle-ph.at
Quellen:
• Education Group (2015): 4. Oö. Jugend-Medien-Studie 2015
• ELSA. eLearning im Schulalltag (2015): Ergebnisse der eLSA-Schulevaluierung 2015
• Statistik Austria (2015): IKT-Einsatz im Haushalt 2015
• Wampfler, Philippe (2012): Rezension: Manfred Spitzer – Digitale Demenz
• Bild: U.S. Army CERDED CC by 2.0, flickr.com
Dieser Artikel ist dem eBook: leben.lernen.spielen – Familien in der digitalen Welt entnommen.