Medienerziehung kennt in einer Lebenswelt, in der Smartphones, Tablets, Laptops, Konsolen und Fernseher fast schon zur Standardausrüstung eines Haushalts gehören, kein Alter mehr. Ein guter Medienkonsum ist immer von der Lebenssituation abhängig und muss in einem Gesamtpaket gesehen werden: Was macht das Kind sonst?
Wie Kinder sich Medien aneignen
Wenn 2-jährige Kinder über das Smartphone wischen und telefonieren spielen, dann steht hier nicht die Verwendung des Smartphones im Vordergrund, sondern es geht ganz einfach um Nachahmung und Selbstwirksamkeit: Kinder wollen das tun, was auch Erwachsene tun und erfahren so, dass sie es auch können. Kinder entdecken Medien aber auch als eine Möglichkeit, ihre Welt größer zu machen – ob zum Spielen oder zum Kommunizieren. Was Kinder aber für einen selbstbestimmten und verantwortungsvollen Umgang mit Medien brauchen, sind Gespräche, Vorbilder, Reflexion und gemeinsame Medienmomente. Ob schon in der Schultüte das erste Smartphone sein soll, kann meiner Meinung nach ebenso wenig pauschal beantwortet werden, wie die Frage, wie lange Kinder Medien täglich nutzen dürfen.
Kreativität und neue Medien: Gemeinsame Medienmomente finden
Tablets, Laptops und Computer sind nicht nur Geräte, auf denen irgendetwas gespielt werden kann, sondern sie ermöglichen tätig zu werden: es können Fotos bearbeitet, Fotobücher oder Fotokalender erstellt, Bilder gemalt, „E-Mailfreund_innen“ gefunden werden. Warum nicht einen kurzen Film drehen und eine Märchensequenz nachspielen, mit Musik hinterlegen und Effekte hinzufügen? Warum nicht ein Bilderbuchkino (Bilderbuchseiten photographieren, beamen und vorlesen oder Zeichnungen von Kindern photographieren, beamen und Geschichte erzählen) veranstalten? Ein eigenes Tablet basteln oder Bilderbücher vertonen. Die Möglichkeiten der neuen Medien können eine wunderbare Ergänzung zu Gesellschaftsspielen, Lesen und den Erfahrungen in der Natur sein, wenn zwischen allen Angeboten ein gutes Gleichgewicht herrscht. Denn wer sagt denn, dass Lesen „gesünder“ ist? Wer selbst auf Abwechslung im (Familien-)Alltag achtet, kann ruhig einmal ein Auge zudrücken, wenn das Kind fragt: „Mama, kann ich noch fünf Minuten länger?“ Medien sind ein kreatives Werkzeug, um zu entdecken, zu staunen und zu spielen. Gemeinsam mit dem Kind.
Wenn der ständige Medienkonsum zu Hause stört oder medienfreie Zeiten, wie etwa beim Essen oder beim Schlafen, mit dem Kind vereinbart wurden, kann aus einer Schuhschachtel mit ein paar Handgriffen ein Handyhotel entstehen: jedes Handy hat ein „Zimmer“ und geht dort schlafen.
Entscheidend für einen bewussten Medienumgang ist, gemeinsam mit dem Kind schöne Medienmomente finden, die verbinden. Die Vermittlung von Genussfähigkeit und die Bestätigung, dass Medien auch Spaß machen dürfen und dass es auch in Ordnung ist, sich einmal “Blödsinn” anzuschauen oder ein Spiel zu spielen, machen aus meiner Sicht eine gelungene Medienerziehung aus.
Dieser Artikel ist dem eBook: leben.lernen.spielen – Familien in der digitalen Welt entnommen.
PS: Am 20. April 2017 findet ein Webinar zum Thema „Erziehung zur Verantwortung“ statt.